Fräserkunde

November 2018

Diesen Text habe ich ursprünglich für das Forum Zerspanungsbude verfasst und später auf meine eigene Seite verschoben.

Allgemeines

Fräsen ist ein sehr weites Gebiet, das reicht von Werkzeugen mit weniger als 1mm Durchmesser bis hin zu Messerköpfen mit mehreren Metern Durchmesser, von Maschinen die ein eigenes Fundament besitzen bis hin zu Maschinen die man mit einer Hand tragen kann.
Arbeitet man sich durch aktuelle Fachliteratur findet man leider hauptsächlich Texte die sich auf moderne Cnc gesteuerte Fräsmaschinen beziehen, Werkzeuge die unser Budget als Hobbyisten komplett sprengen oder auf die Massenfertigung ausgerichtet sind.
Einige der Bücher und Artikel die für den Hobbyisten geschrieben sind dagegen fachlich sehr fragwürdig.
Ich versuche hier eine Brücke zu schlagen von Hobbyisten zu den Techniken und Begrifflichkeiten der Industrie – Man spricht eine gemeinsame Sprache, auch wenn man komplett andere Arbeitsumfelder hat. Das Thema dieses Textes sollen die Fräser sein die täglich auf Fräsmaschinen eingesetzt werden, insbesonders Monowerkzeuge – d.h. Schneidenteil und Schaft des Werkzeuges sind ein Teil, gegenüber Wendeplatten-/Wechselkopfwerkzeugen bei denen der Schneidenteil gewechselt werden kann.
Zu letzteren fehlt mir die Erfahrung, da ich privat und beruflich fast ausschließlich Werkzeuge benutze die aus einem Stück bestehen.

Schneidenzahl

Häufig wird ausschließlich das zu fräsende Material als Indikator für die Schneidenzahl des Fräsers benutzt, das ist aber so einfach nicht richtig.
Extrembeispiel: Hartfräsen bei 55HRc in Werkzeugstahl ist sowohl mit einem einscheidigen Stichel als auch mit einem sechsschneidigen Schlichtfräser möglich.
Viel mehr hängt die Auswahl der Schneidenzahl vom konkreten Bearbeitungsfall ab. Sollen viele Vollnuten gefräst werden, wählt man weniger Schneiden, da die Späne besser abgeführt werden können. Sind sehr gute Oberflächen beim Schlichtfräsen (mit den Umfangsschneiden des Fräsers) gewünscht, wählt man besser einen Fräser mit mehr Schneiden.
Für allgemeine Arbeiten ist ein Zwei- oder Dreischneider eigentlich immer eine gute Wahl.
Ein Fräser mit mehr Schneiden hat durch den dickeren Kern auch eine deutlich größere Stabilität, verbiegt sich also nicht so stark, was sich besonders beim Umfangsfräsen bemerkbar macht – Verbiegt sich hier der Fräser kriegt man keine Rechtwinklige Werkstückkanten.

Zur Verbiegung von Werkzeugen: Man hört oft, VHM Fräser würden sich nicht verbiegen, sondern sofort abbrechen. Das ist definitiv nicht der Fall. Hartmetalle haben ein etwa 3x höheres E-Modul als Stähle, biegen sich also 3x schwächer bei gleicher Belastung. Aber sie biegen sich. Bei langen, schlanken Werkzeugen ist das auch problemlos mit dem Auge sichtbar. Einen Überlangen 1mm (25mm lang) VHM Fräser kann man an der Spitze mit dem Finger spielend 0,5mm Auslenken, ohne das er bricht. Solche Werkzeuge sind aber im normalen Alltag eher die Ausnahme.

Einschneider

In diesem Fall verstehe ich unter einem Einschneider einen gedrallten, Einschneidigen Fräser – Keinen Stichel, diese werden später separat aufgeführt.

  • Für weiche Werkstoffe geeignet (Aluminium, Kunststoffe, Holz), da nur eine geringe Werkzeugsteifigkeit benötigt wird
  • Sehr großer Spanraum, sehr gute Spanabfuhr beim Fräsen von Vollnuten
  • An der Stirnschneide sehr einfach nachzuschleifen, auch am einfachem Schleifbock
  • Zweischneider

  • Viel Spanraum
  • Verhältnismäßig instabil
  • Mit einfachen Mitteln (Stichelschleifmaschine oder einfache Vorrichtung) an den Stirnschneiden nachschleifbar
  • Dreischneider

  • Den Dreischneider halte ich für einen absoluten Universalfräser, er ist stabil genug für die meisten Anwendungen hat aber immernoch einen sehr großen Spanraum was beim Vollnutenfräsen von Vorteil ist.
  • Guter Kompromiss in Bezug auf Stabilität und Spanraum
  • Gute Oberflächen beim Stirn- und Umfangsfräse
  • Vielschneider (Vier und mehr Schneiden)

  • Sehr stabil gegen verbiegen
  • Winziger Spanraum, nicht sinnvoll zum Nutenfräsen geeignet (Ausnahme: HPC Schruppfräser)
  • Sehr gut geeignet zum Besäumen von Werkstückkonturen
  • Sehr hohe Oberflächengüte beim Umfangsfräsen
  • Fräserformen:

    Schruppfräser

    Hier sind besonders moderne, feingekordelte Schruppfräser interessant, meistens mit zwischen 3 und 6 Schneiden. Durch die Unterbrochenen Umfangsschneiden sehr geringe Schnittkräfte, die Späne die entstehen sind sehr kurz. Ermöglicht auch auf leichten Maschinen eine Zustellung von 0,5-1x Nenndurchmesser beim Vollnutenfräsen, sofern man die Späne aus der Fräsnut bekommt.

    Eine andere Art von Schruppfräsern sind Schrupp-Schlichtfräser, die beim Umfangsfräsen eine deutlich bessere Oberfläche erzeugen, als normale Schruppfräser, aber hauptsächlich für weiche Werkstoffe gedacht sind.

    Moderne Schruppfräser in HPC oder MTC Ausführung kommen mit glatten Schneiden und können so sehr universell eingesetzt werden, da sie beim Umfangsfräsen gute Oberflächen hinterlassen. Sie stehen aufgrund ihrer speziellen Schneidengeometrie bei den meisten Anwendungen einem gekordeltem Schruppfräser in nichts nach und sind häufig sogar noch günstiger als die selbigen.

    Stichel

    Die meisten kennen ihn als Gravierstichel. Ein halbierter Rundling aus Hss oder VHM, der eine Kontur und einen Hinterschliff verpasst bekommt. Wer in der glücklichen Lage ist, eine Stichel- oder Werkzeugschleifmaschine zu besitzen, kann sich solche Stichel leicht selber schleifen. Dabei ist man nicht nur auf spitzige Formen zum Gravieren beschränkt, man kann auch Stichel für winzige Schwalbenschwänze schleifen oder zylindrische Stichel mit bestimmtem Durchmesser, wenn man keinen entsprechenden Fräser bekommt. Im Grunde ein Einschneidenfräser, deswegen sind nur kleine Vorschübe möglich.
    Der Spanwinkel beträgt bei einem Stichel immer 0°, beeinflusst werden kann nur der Freiwinkel, je weicher der zu bearbeitende Werkstoff, desto größer sollte der Freiwinkel sein und umgekehrt – So kann man sich einen sehr robusten Stichel mit kleinem Freiwinkel schleifen der selbst zum Hartfräsen geeignet ist.

    Torusfräser

    Im Prinzip ein Schaftfräser mit Eckradius. Besonders interessant auf CNC-Maschinen zum 3d-Fräsen. Weiterhin auch gut zum Schruppen geeignet, da der Fräser durch den Eckradius eine hohe Stabilität gegen Ausbrechen hat. Häufig in langer und überlanger Ausführung erhältlich.

    Radiusfräser

    Ein Fräser mit Vollradius an der Spitze (Auch: Kugelfräser), hauptsächlich für CNC-Maschinen, zum 3d-Fräsen von Freiformen. Beim Fräsen hat man das Problem, dass die Schnittgeschwindigkeit an der Spitze gleich Null (Werkzeugradius gleich Null) wird, und der Fräser mehr drückt als schneidet. Man kann dies umgehen, indem man den Fräskopf der Maschine neigt, was aber auch nicht immer möglich ist. Beim 3d Fräsen, soweit durch die zu fräsende Form möglich (konkave Radien), möglichst durch einen Torusfräser ersetzen.

    Eine Abwandlung des Radienfräsers ist der Viertelstabfräser, damit kann ein Aussenradius an eine Werkstückkante gefräst werden. Diese kommen meistens in HSS Ausführung und sind relativ teuer, solltem demnach eher schonend behandelt werden.

    Walzenstirnfräser

    Grundsätzlich nichts anderes als ein großer Schaftfräser der auf einen Dorn gespannt wird.

    Die Mittenbohrung hat genormte Durchmesser (16, 22, 27,... mm) und es gibt zwei Arten der Mitnahme, entweder über eine Quernut oder über eine Passfeder – Mit einem Kombiaufsteckdorn kann man beide Varianten abdecken.

    Mit den Fräsern kann man alle Arbeiten durchführen die auch mit einem normalem Schaftfräser machbar sind, sowohl Plan- als auch Umfangsfräsen.

    Kreissägeblatt

    Ein Kreissägeblatt schneidet nur am Umfang und ist in der Dicke leicht hohl geschliffen damit es nicht an der Wandung der Schnittfuge reibt.
    Ideal zum Schlitzen und abtrennen von Werkstücken, allerdings können Sägeblätter bei größeren Schnitttiefen verlaufen, klemmen und brechen.
    Bei dünnen Werkstücken eine feine Zahnung wählen, bei tieferen Schnitten oder dicken Werkstücken die abgetrennt werden sollen, eine gröbere Verzahnung wählen, die dem Span genug Platz bietet.

    Kreissägeblätter kommen in der Regel mit einer Bohrung ohne Passfedernut und werden auf einem Dorn gespannt – Man kann einen Kombiaufsteckdorn und Distanzringe benutzen oder man fertigt sich einen extra Sägedorn an. Der Nachteil am Kombidorn ist der große Überhang der Spannschraube, was besonders in Schraubstocknähe problematisch sein kann.

    Scheibenfräser

    Sehen ähnlich aus wie ein Kreissägeblatt haben aber grundsätzlich eine Passedernut zur Mitnahme und schneiden auf drei Seiten, d.h. man kann mit ihnen sehr genau tolerierte Nuten fräsen und das Werkzeug neigt nicht wie ein Kreissägeblatt zum verlaufen, da es sich freischneidet. Früher waren Scheibenfräser gerade verzahnt, jeder Zahn ist dabei vollständig im Eingriff – Moderne Scheibenfräser sind Kreuzverzahnt, dabei ist immer nur die Zahnstirn und eine Flanke des Zahns im Eingriff, der Lauf wird dadurch deutlich ruhiger.

    Scheibenfräser werden auf einem Fräsdorn/Kombidorn gespannt.
    Neben einfachen geraden Scheibenfräsern gibt es auch welche mit Eck- bzw. Vollradius sowie Formfräser (z.B. Modulfräser für Zahnräder) oder als konkaven Radiusfräser (Viertel-/Halbkreis) sowie als Prismen- und Schwalbenschwanzfräser, diese sind meistens gerade verzahnt und laufen relativ laut.

    T-Nutenfräser

    Wie der Name schon verrät, zum Fräsen von T-Nuten. Sie kommen meistens Kreuzverzahnt um etwas ruhigeren Lauf zu gewährleisten.

    Beim Fräsen von T-Nuten muss man die Nut mit einem normalem Schaftfräser vorfräsen um dann mit dem T-Nutenfräser den Rest an Material zu entfernen. Dabei gibt es verschiedene Vorgehensweisen, die Vor- und Nachteile haben.

  • Nut nur so tief wie Notwendig vorfräsen
  • Hier liegt der Vorteil darin, dass man keinen Unterbrochenen Schnitt hat und - sofern die Maschine stabil genug ist und über genügend Antriebsleistung verfügt - einen relativ ruhigen Lauf hat.
  • Nut etwa auf halbe T-Nutentiefe vorfräsen
  • Ein guter Kompromiss, der Fräser läuft größtenteils im Vollschnitt und damit relativ ruhig, aber ein Großteil des Materials ist durch das Vorfräsen bereits entfernt. Weniger Probleme mit Späneansammlungen.
  • Nut auf voller Tiefe vorfräsen (oder tiefer)
  • Hier ist man im Unterbrochenen Schnitt unterwegs, es kann zu Vibrationen kommen. Ausserdem können sich die Späne u.U. Vor dem Fräser in der Nut aufstauen, das kann zu verringerter Lebensdauer des Fräsers führen. Auf Antriebsschwachen Maschinen ist diese Methode manchmal von Vorteil.

    Egal welche Methode man anwendet, man muss versuchen die Späne aus der T-Nut zu bekommen, zum Beispiel mit Überflutungskühlung oder Notfalls mit Pressluft.

    Prismenfräser/Schwalbenschwanzfräser

    Entgratfräser

    In verschiedenen Winkeln erhältlich, meistens in Vierschneidiger Ausführung aus Hartmetall, zum Fasenfräsen an Werkstückkanten. Ziemlich robust und preisgünstig, bedingt auch geeignet zum Gravieren.

    Besonderheiten:

    Fräser mit aufgelöteten Schneiden

    Hier ist der Schneidenteil (z.B. Hartmetall oder Diamant) auf einen Werkzeugschaft aus einem andrem Material (z.B. Stahl) aufgebracht (z.B. durch hartlöten)
    Solche Fräser sind genau gesehen keine Monowerkzeuge da Schaftmaterial und Schneidwerkstoff verschieden sind, allerdings verhalten sie sich genauso wie ein Monowerkzeug, da sie ebenso geschliffen werden und der Schneidenteil nicht austauschbar ist.

    Schaftfreistellung

    Um tiefe Nuten, Absätze etc. bearbeiten zu können braucht man häufig sehr lange Werkzeuge. Fräser mit langem Schneidenteil sind sehr instabil und neigen zum vibrieren. Die oftmals bessere Alternative ist eine Schaftfreistellung. Dabei ist der Schneidenteil des Fräsers relativ kurz (1-2x Nenndurchmesser) und der Schaft hinter dem Schneidenteil au feinen Durchmesser rundgeschliffen der wenige 1/10mm kleiner ist als der Schneidendurchmesser.
    Solche Fräser kann man fertig in verschiedenen Durchmesser-Längenverhältnissen kaufen (Mit bis zu 50xD Nutzbarer Freistellung) oder mit einfachen Mitteln selbst freischleifen.

    Beide Fräser haben 5mm Schneidendurchmesser, der linke hat allerdings ab Werk eine Schaftfreistellung um tiefere Nuten fräsen zu können.

    Im Idealfall hat man eine Stichelschleif- oder Werkzeugschleifmaschine, damit lassen sich Schaftfreistellungen schnell und einfach schleifen.

    Eine sehr einfache Alternative ist ein Akkuschrauber/Handbohrmaschine und ein normaler Schleifbock, hier kann der Schaft ebenfalls kleiner geschliffen werden.

    Kegelschaft

    Fräser die einen Kegeligen Schaft (In der Regel Morsekegel) haben bauen sehr kurz und werden ohne extra Werkzeugaufnahme in der Maschinenspindel gespannt (Ausnahme Morsekegelfräser in Steilkegelspindel, hierfür gibt es eine Zwischenhülse)

    Schutzfase/Schutzradius

    Fräser mit scharfen Schneidecken sind sehr empfindlich gegenüber Beschädgungen, bei vielen Fräsern ist aus diesem Grund eine sehr kleine Fase oder ein Radius angeschliffen der häufig zwischen 0,1 und 0,5mm liegt und relativ grob toleriert ist.

    Nicht zu verwechseln mit dem Eckradius an einem Torusfräser der deutlich enger toleriert ist als ein Schutzradius/Schutzfase.

    Drallwinkel:

    Fräser bekommt man in verschiedenen Drallwinkeln (Steigung der Spirale), Standard ist ein Drallwinkel von 30°, Fräser mit einem größerem Drallwinkel laufen beim fräsen mit den Umfangsschneiden in der Regel etwas ruhiger da immer ein Teil der Umgangsschneiden im Eingriff ist und resultieren in besseren Oberflächen. (Extrembeispiel Geradeverzahnter Fräser mit 0° Drallwinkel, hier schlägt jede Schneide auf kompletter Länge auf das Material auf um sie kurz danach komplett wieder zu verlassen – Ein unruhiger, lauter Lauf ist die Folge.)

    Es kann kein direkter Rückschluss vom Drallwinkel auf das zu bearbeitende Material getroffen werden – Es gibt stark gedrallte Fräser für die Alubearbeitung ebenso wie für die bearbeitung gehärteter Stähle.

    Ungleiche Teilung / Ungleicher Drallwinkel:

    Vermindert die Ratterneigung des Fräsers und sorgt für einen ruhigeren Lauf, da die Schneiden in einem minimal unregelmäßigen Rhythmus auf das Werkstück treffen. Besonders häufig bei modernen HPC/MTC Schruppfräsern anzutreffen, Diese verhalten sich durch die ungleiche Teilung bzw. den Ungleichen Drallwinkel wie ein gekordelter Schruppfräser und arbeiten im Vollschnitt ähnlich ruhig.

    Schneidstoffe:

    HSS

    Der Klassiker, vermutlich nie komplett aus den Werkstätten wegzubekommen. Robust und günstig, kann extrem scharf geschliffen werden. Lebensdauer bei Stahlbearbeitung (vorallem trocken) eher begrenzt.

    HSS-PM

    Ein pulvermetallurgisch hergestelltes Material, das von den Eigenschaften her deutlich über normalem HSS liegt, kommt in Fräserform meistens beschichtet und ermöglicht sehr hohe Schnittgeschwindigkeiten (Nahe an einfachen VHM-Fräsern) und ist trotzdem sehr hart im Nehmen. Gute Wahl für Schruppfräser und Trockenbearbeitung.

    VHM

    Sehr hitzebeständig, deutlich steifer als HSS und relativ spröde. Auf sehr instabilen Maschinen muss man vorsichtig sein, die Schneidekanten können leicht ausbrechen. Wenn man allerdings die Zustellungen gering, Drehzahl und Vorschub hoch hält kann man damit auch auf Hobbymaschinen sehr gute Ergebnisse erzielen. Bei garstigen Werkstoffen wie rostfreien Edelstählen und Werkzeugstählen sehr sinnvoll.

    Schmierung:

    Trockenbearbeitung, Blasluft

    Trockenbearbeitung ist für den Hobbyisten oft die einzige Option, wenn er eine Riesen Sauerei vermeiden will. Kurzspanende Werkstoffe sind dafür sehr gut geeignet, Werkstoffe wie Aluminium sind dagegen problematisch, da sie dazu neigen auf der Werkzeugschneide aufzuschweißen (Aufbauschneiden) und das Werkzeug zu verkleben, was in Werkzeugbruch resultieren kann.
    Zusätzliche Blasluft auf den Fräser ist sehr hilfreich, befördert die Späne aus der Fräsnut und kühlt die Schneiden. Funktioniert sehr gut bei der Stahlbearbeitung mit VHM Fräsern.

    Pinselschmierung

    Einfache Lösung für schwer zerspanbare Werkstoffe wie verschiedene Edelstähle, ein Schneidöl wird mit einem Pinsel oder einer Ölkanne aufgetragen. Beim Pinsel darauf achten, dass selbiger nicht vom Fräser erfasst wird. Beim Fräsen von Nuten oft problemmatisch, da das Öl die Späne verklebt und verhindert, dass diese aus der Nut rauskommen. Die Späne werden immer wieder vom Fräser durchgezogen und das resultiert in schlechter Werkzeugstandzeit und noch schlechteren Oberflächen.

    Minimalmengenschmierung

    Der nächste Schritt weg von der Trockenbearbeitung, Druckluft versetzt mit feinsten Öltröpfchen. Kann die lästige Aufbauschneidenbildung bei verschiedenen Werkstoffen wie Aluminium verhindern. Verschiedenste Systeme von der Noga Minimalmengenschmierung bis zum „Fog-Buster“ sind verfügbar.
    Der resultierende Ölnebel in der Luft kann ein gesundheitliches Problem darstellen.

    Überflutungskühlung

    Optimal für fast alle Metallischen Werkstoffe, mit potential für eine beachtliche Sauerei, aber auch äußerst effektiv. Späne haben keine Chance und werden sofort weggeschwemmt, die Schmierung und Kühlung an der Werkzeugschneide ist sehr gut.

    Schnittwerte

    Hier gehen die Ansichten ganz stark auseinander, die einen sagen im Hobbybereich macht es keinen Sinn, Schnittwerte zu errechnen. Ich dagegen sage, Schnittwerte ausrechnen und nutzen ist ein sehr guter Weg, die Standzeit der Werkzeuge zu erhöhen.

    Schnittgeschwindigkeit vc

    Die Hersteller geben einen Wert für Schnittgeschwindigkeit an, es gibt aber auch allgemeine Tabellen für HSS und VHM, beschichtet und unbeschichtet im Tabellenbuch Metall für verschiedenste Werkstoffe. All diese Werte für die Schnittgeschwindigkeit haben gemein, dass sie am oberen Limit angesiedelt sind. In der Industrie ist es billiger das Werkzeug bis zur Verschleissgrenze zu nutzen und dann wegzuwerfen, als es mit geringer Schnittgeschwindigkeit zu fahren und sich der langen Standzeit zu erfreuen.
    Im Hobbybereich ist das natürlich anders, wir haben kein riesen Budget für Fräser. Wenn man die Katalog- oder Tabellenwerte für die Schnittgeschwindigkeit halbiert, ist man gut dabei. Allgemein ein guter Anhalt ist z.B.:
    HSS in Baustahl: etwa 20-30m/min
    VHM in Baustahl: etwa 50-100m/min

    Drehzahl

    Aus der Schnittgeschwindigkeit und dem Werkzeugdurchmesser kann man die Drehzahl errechnen:
    n = (vc[m/min]*1000) / ( pi*d[mm] )

    n = Drehzahl in U/min
    vc = Schnittgeschwindigkeit in m/min
    d = Werkzeugdurchmesser in mm

    Zahnvorschub

    Der Zahnvorschub beschreibt den Wert, den sich ein Zahn des Fräsers pro Umdrehung ins Material arbeitet. Die Anzahl der Zähne mal den Zahnvorschub ergibt demzufolge die Zurückgelegte Strecke pro Umdrehung. In Verbindung mit der Drehzahl erhällt man den Vorschubwert F:
    F = n[U/min] * Fz[mm/Z] * z

    F = Vorschub in mm/min
    n = Drehzahl in U/min
    Fz = Zahnvorschub in mm
    z = Zähnezahl des Fräsers
    Den Wert für den Zahnvorschub gibt ebenfalls der Werkzeughersteller an. Man sollte sich von diesem Wert nicht zu weit entfernen, sonst schneidet das Werkzeug nicht richtig und reibst sich stumpf, oder die Schneiden werden überlastet.und Schneidenbruch ist die Folge.

    Eingriffsbreite Ae

    Beschreibt einfach wie weit das Werkzeug seitlich zugestellt wird. Schlechtester Fall ist halber Werkzeugdurchmesser. Guter Universalwert ist 2/3 Nenndurchmesser.

    Im linken Bild sieht man ein Werkzeug das zur hälfte im Eingriff ist - Hier ist die tatsächliche Spandicke so dick wie der Zahnvorschub. Im rechten Bild sieht man einen deutlich geringeren seitlichen Eingriff, die tatsächliche Spandicke ist deutlich kleiner als der Zahnvorschub. Als Folge daraus könnte man den Vorschub so lange erhöhen bis die tatsächliche Spandicke dem Zahnvorschub entspricht - Das ist genau das Prinzip auf dem die HSC-Bearbeitung auf CNC-Maschinen basiert - Allerdings kann man dieses Prinzip in Grenzen auch auf konventionellen Maschinen umsetzen, z.b. wenn man Absätze fräst. Anstatt mit vielen kleinen Zustellungen und großer Eingriffsbreite und langsamerem Vorschub zu fräsen, kann man genauso gut mit großer Zustellung (Vieleicht sogar die ganze Absatzhöhe, je nach Fräserlänge und Absatzhöhe), kleinem Seitenversatz und höherem Vorschub fräsen. Das geht häufig nicht nur schneller, es ist generell auch schonender für das Werkzeug, das dann auf der ganzen höhe gleichmäßig abgenutzt wird - Gegenüber der Abnutzung eines kurzen Stückes bei kleinen Zustellungen.

    Zustellung Ap

    Tiefe, die das Werkzeug eingreift.

    Richtwerte für Zustellung und Eingriffsbreite

    Allgemein kann man sagen dass es sinnvoll ist die Zustellung Ap so groß wie möglich zu wählen und die Eingriffsbreite Ae solange zu erhöhen bis man die Grenze der Maschinenstabilität und Spindelleistung erreicht hat. Dadurch verschleißt nicht nur das Ende des Fräsers, sondern die Umfangsschneiden werden gleichmäßig abgenutzt.
    Mit einem normalen Schlichtfräser kann man beispielsweise problemlos 1xNenndurchmesser Zustellen. Will man auf diesem Weg einen Absatz fräsen, arbeitet man sich durch seitliches Zustellen an die Maße des Absatzes heran, nicht durch Zustellungen in der Tiefe. Das hat nicht nur den Vorteil der gleichmäßigeren Schneidenausnutzung, durch den geringeren seitlichen Eingriff wird auch der Span dünner und man kann mit größerem Vorschub fräsen ohne das Werkzeug zu überlasten.

    Sonderfall Bohren

    Fräser die über mitte Schneiden können senkrecht, ohne vorbohren in das Material einstechen, ähnlich wie ein Bohrer. Das Funktioniert in der Regel deutlich schlechter als mit einem Bohrer und setzt eine relativ stabile Maschine vorraus, und selbst dann wird die Bohrung in der Regel nicht Maßhaltig.

    Was dagegen relativ gut funktioniert, ist das aufbohren von bestehenden Bohrungen mit einem Fräser - Der Vorteil dabei ist, dass der Fräser nicht der bestehenden Bohrung nachläuft sondern sich seinen eigenen Weg schneidet. Das ist interessant wenn man eine Bohrung sehr exakt positionieren will.
    Ich habe für diesen Zweck einige Fräser die unter Nennmaß nachgeschliffen sind. Die Arbeitsreihenfolge für eine geriebene Bohrung die eine hohe Positionsgenauigkeit haben soll wäre dann folgende:

  • Zentrieren und vorbohren mit einem normalen Spiralbohrer
  • Aufbohren mit einem Untermaßfräser (0,1mm kleiner als der Enddurchmesser der Bohrung)
  • Reiben mit einer Maschinenreibahle
  • Bei dieser Bearbeitungsreihenfolge wird ein Großteil des Materials durch den Spiralbohrer entfernt, die Lagetoleranz durch den Fräser sichergestellt und die Reibahle erzeugt den genauen Durchmesser.

    1. Beispiel

    Fräsen einer Vollnut, 6mm VHM Fräser, 3 Zähne, zu bearbeitender Werkstoff: Baustahl
    Schnittwerte für den Fräser laut Katalog: vc = 120m/min (Wir werden 60m/min nutzen, da wir das Werkzeug länger benutzen wollen), fz = 0,03mm

    Als erstes Berechnen wir die Drehzahl:
    n = (vc[m/min]*1000) / ( pi*d[mm] )
    n = (60m/min*1000) / ( pi*6mm )
    n = 3184U/min

    Unsere Beispielfräsmaschine kann aber nur maximal 3000U/min. Also wählen wir diese Drehzahl.

    Vorschub:
    F = n[U/min] * Fz[mm/Z] * z
    F = 3000U/min] * 0,03mm/Z * 3
    F = 270mm/min

    Eingriffsbreite Ae:
    Die Eingriffsbreite Ae erübrigt sich, da wir eine Vollnut fräsen.

    Zustellung Ap:
    Hier wählen wir 1/10*Werkzeugdurchmesser = 0,6mm
    Das Ergibt insgesamt die Werte:
    Drehzahl n: 3000U/min
    Vorschub F: 270mm/min
    Zustellung Ap: 0,6mm

    2. Beispiel

    Besäumen einer Werkstückkante (Fräsen der Aussenkontur), 10mm beschichteter HSS-PM Fräser, 4 Zähne, zu bearbeitender Werkstoff: kurzspanendes Aluminium
    Schnittwerte für den Fräser laut Katalog: vc = 138m/min (Wir werden 69m/min nutzen), fz = 0,016mm

    Als erstes Berechnen wir die Drehzahl:
    n = (vc[m/min]*1000) / ( pi*d[mm] )
    n = (69m/min*1000) / ( pi*10mm )
    n = 2197U/min

    Zum weiterrechnen wählen wir die Drehzahl 2200U/min.

    Vorschub:
    F = n[U/min] * Fz[mm/Z] * z
    F = 2200U/min] * 0,016mm/Z * 4
    F = 141mm/min

    Eingriffsbreite Ae: Zum Besäumen in Aluminium wählen wir 1/5*Werkzeugdurchmesser = 2mm

    Zustellung Ap:
    Da wir Besäumen, wählen wir als Zustellung 1*Werkzeugdurchmesser = 10mm

    Das Ergibt insgesamt die Werte:
    Drehzahl n: 2200/min
    Vorschub F: 140mm/min
    Eingriffsbreite: 2mm
    Zustellung Ap: 10mm

    Schlusswort:

    Ich weiß dass die Schnittwertberechnerei auf den ersten Blick sehr Aufwändig erscheint. Ob man das braucht, muss halt jeder für sich selbst entscheiden, für mich ist es ein sehr nützliches Werkzeug, grade wenn ich Werkstoffe habe, die nicht SO leicht zerspanbar sind, oder mit teueren Werkzeugen Arbeitet.
    Mir ist klar, dass viele die Schnittwerte nach Gefühl einstellen, auch oder besonders Leute die das Beruflich machen. Wenn das für einen selbst am besten funktioniert, perfekt.
    Ich selber rechne die Werte übrigens nicht immer neu aus, ich habe für meine Standardwerkzeuge sowohl eine Tabelle angelegt, als auch die Schnittwerte für jedes Werkzeug und Material (Alu, Stahl, Stahl gehärtet und Kunststoff) im CAM hinterlegt.