Geometrische Überholung Schaublin 102 Oberschlitten

Januar 2018

Ein Schaublin 102 Oberschlitten hat es zu mir auf die Werkbank geschafft – zur geometrischen Überholung, außerdem soll eine neue Keilleiste eingepasst werden, da an der momentan verbauten Leiste das Ende abgebrochen ist und der Einstellweg wegen Verschleiß am Ende ist.

Zweiteilige Videoreihe die den kompletten Prozess der Überholung zeigt:
Rebuilding a Schaublin 102 compound slide - Part 1
Rebuilding a Schaublin 102 compound slide - Part 2

Zerlegt, links unten sieht man die originale und die neue Keilleiste. Zum Zerlegen von Sachen, die man nicht zerschlagen, verkratzen, etc. Will lohnt es sich ein Sortiment an Durchschlägen, Hebeln, „Klopfern“ etc. aus Bronze, Kupfer und Kunststoff zu haben.

Als erstes schaue ich mir das Unterteil vom Oberschlitten an – Die Schnittstelle zum Planschlitten. Die Fläche ist auf einer Topfschleifmaschine flachgeschliffen und sieht ziemlich gut aus, nur an den Schraubenlöchern ist etwas Material aufgeworfen, hier gut durch die polierten Stellen (Durch das abziehen mit einem Stein) sichtbar. Dieses aufgeworfene Material muss egalisiert werden, bevor man irgendwelche sinnvollen Messungen auf der Granitplatte machen kann.

Messung der Parallelität der horizontalen Führungsfläche zur Fußfläche. Wie zu erwarten an den Enden verschlissen, die Zahlen sind in 1/100mm. Das ist überhaupt kein Problem, die Flächen kann ich wunderbar Flachschleifen und auf Tragbild schaben.

Das längere Teil des Oberschlittens, Parallelität zur Aufspannfläche für den Stahlhalter gemessen, ebenfalls wie zu erwarten, mittig eingelaufen. Begonnen wird mit dem längeren Teil des Oberschlittens, die flachen Führungsflächen werden geschabt. Sinnvollerweise fängt man mit der Fläche an die stärker verschlissen ist und setzt die zweite Fläche dann auf die gleiche Höhe runter.
Theoretisch müssen die Flächen nicht auf gleicher Höhe sein, nur gerade und parallel zueinander, aber mMn ist es einfacher beide auf gleicher Höhe zu haben. Schließt eine mögliche Fehlerquelle aus.
Den Schwalbenschwanz habe ich mal gemessen, aber solange der flache Führungsteil nicht gerade ist, ist die Messung wenig aussagekräftig, weil man zwei Fehler überlagert.

Aufspannung zum Schaben, zwei Holzprismen und die große Holzzwinge. Durch die schräge Aufspannung sieht man gut an die Fläche hin.

Paar sehr grobe Schruppdurchgänge, um die Enden etwas runterzubringen, später:

Sieht schon etwas besser aus, die Fläche hängt nach innen zum Freistich etwas und fällt über die ganze Länge relativ Gleichmäßig um 3-4/100mm.
Also Fläche kippen durch Stufenschaben, die Zahlen geben die Zahl der Durchgänge pro Feld an.

Deutlich besser. Das Endmaß hilft beim Messen nicht komplett wahnsinnig zu werden. Würde man die Messkugel über die grob geschruppte Fläche fahren, würde man ziemlich schnell Seekrank werden :D

Tuschiert auch schon etwas schöner:

Geht relativ schnell die Fläche parallel zur Oberseite zu schaben:

Bevor ich mich an der ersten Fläche verkünstel, wird erst einmal die zweite Fläche parallel und auf gleiche Höhe geschabt.
Hier habe ich schon 6 Durchgänge grob geschruppt, die zahlen in Klammer sind die Ausgangsmaße, die daneben sind die aktuellen Messwerte:

Etwa 8 Durchgänge später, zwischendurch immer wieder auf der Messplatte mit der Uhr die Höhe kontrolliert und zugleich mit dem Tuschierlineal sichergestellt das die Fläche nicht zum kompletten Massaker wird:

Tuschiert auch schon erträglich:

Die Parallelflächen sind ziemlich nah dran, aber bevor ich da weitermache, will ich erstmal die schrägen Schwalbenschwanzflächen mindestens genauso gut bekommen.

Zwischenzeitlich, weil die Flachschleifmaschine eh eingesaut war hab ich gleich noch die parallele Führungsfläche flachgeschliffen. Die 3..4/100mm Verschleiß muss ich nicht rausschaben, wenn ich sie mit praktisch Null Aufwand schleifen kann.

Zurück zum Oberteil – Ich nehme eine der beiden Schwalbenschwanzflächen und messe die Parallelität zur Aussenkante des Oberschlittens (Und zu den T-Nuten). Das ist zwar nicht superkritisch, aber man wills ja ordentlich machen. Und den Verschleiß muss ich eh rausschaben, dann kann ichs auch direkt parallel machen.

Geht wegen der kleinen Fläche ausgesprochen schnell:

Weil ich neugierig war, hab ich den Oberschlitten mal auf das Unterteil gesetzt und die Parallelität des Gesamtsystems in verschiedenen Stellungen gemessen. Durchwegs besser 1/100mm:

Hier die Aufspannung zum schaben der schrägen Flächen. Das Kantholz stützt den Oberschlitten nach hinten ab:

So kann man relativ bequem schaben und man sieht was. Ich hab mir noch einen 50W Led Scheinwerfer hingestellt, hilft viel.

An der Parallelität habe ich hier schon gearbeitet:

Das ist eine andere Methode die Parallelität zu messen – Der Schlitten steht auf zwei Stiften und liegt an dem Kastenwinkel an, damit er sauber senkrecht steht. Dann kann mit zusätzlichen Stiften und der Messuhr die Parallelität gemessen werden:

Das Oberteil ist fertig geschabt – Jetzt kommt das Unterteil. Die parallelen Führungsflächen sind ja bereits geschliffen, ich hab sie nur noch Mustergeschabt.
Als nächstes schabe ich die Schwalbenschwanzfläche die der Gleitpartner für das Oberteil darstellt, als Meister zum tuschieren nehme ich eben selbiges Oberteil, damit die Winkel zusammenpassen:

Wenn der fertig geschabt ist, kommt die Anlagefläche für die Keilleiste dran – Der Keil ist ja parallel, die der Winkel der Anlagefläche muss also dem Schwalbenschwanzwinkel entsprechen, kann also auch mit dem Oberteil tuschiert werden:

Die Keilleiste ist etwa 0,6mm zu dick – Nach zwei Schabedurchgängen ist mir gekommen dass das dumm ist. Also den Winkeltisch auf die Fräse gepackt, das Magnetfutter mit zwei Parallelzwingen draufgespannt und auf den Winkel der Keilleiste eingestellt:

Anschließend in 1/10mm Schritten abgefräst. Die Parallelleisten sind reine Sicherheitsmaßnahme, damit sich nichts verschieben kann.

Natürlich hat der Keilwinkel nicht gestimmt, aber schon ziemlich gut.
Der Messaufbau um den Kegelwinkel indirekt zu kontrollieren ist recht einfach. Wie Franz schon gesagt hat, Keilleiste ganz leicht in den Schlitten packen und das Seitenspiel vom Schlitten zum Unterteil an beiden Enden messen:

Auf zwei mal Nachstellen hatte ich das Seitenspiel von Ende zu Ende unter 1/100mm – Zum einen mit der Messuhr geprüft, zum anderen mit 1/100mm Fühlerlehrenband, das an allen vier Ecken der Keilleiste sauber klemmt.
Damit geht das Schaben erheblich schneller. Und die Keilleiste ist weit genug in der Führung. Vorher ging die Leiste nicht einmal halb in die Führung.
Fertigschaben der Keilleiste auf dem Magnetfutter. Dabei wird mit dem Tuschierlineal bzw. auf der Granitmessplatte abtuschiert und alle paar Schabedurchgänge die Passgenauigkeit des Keils in der Führung überprüft:

Der fertig überholte Oberschlitten, die Keilleiste ist so eingestellt das der Schlitten von Ende zu Ende etwas weniger als 1/100mm Seitenspiel hat.