Als erste Fräsmaschine für eine kleine mechanische Werkstatt würde ich jederzeit eine konventionelle Maschine empfehlen. Gegenüber einer CNC Fräsmaschine bekommt man - sofern man sich im ähnlichen finanziellen Rahmen bewegt - in den meisten Fällen eine deutlich robustere und genauere Maschine.
Ist man auf der Suche nach der ersten Fräsmaschine für die eigene Werkstatt wird man zweifelsohne über CNC Portalfräsmaschinen stolpern, wie sie im Hobbybereich (Und auch im Professionellen Bereich) vielfach eingesetzt werden.
Das sind ganz wunderbare Maschinen mit schnelldrehenden Spindeln mit Drehzahlen bis zu 24000…35000 Umdrehungen pro Minute und meist sehr großem Bearbeitungsraum, ideal geeignet für großflächige Teile aus leicht zu bearbeitenden Werkstoffen wie Aluminium oder Kunststoff.
Allerdings sind die Maschinen nicht besonders steif und die Kugelumlaufspindeln, die die Achsen bewegen, sind meistens nicht frei von Umkehrspiel. In Kombination mit dem fehlen von Glasmaßstäben, die eine absolute Position der Achsen an die Steuerung weitergeben, und einem meist nicht unerheblichen Steigungsfehler der Kugelumlaufspindeln sind das ganz klar keine Präzisionsmaschinen.
Bestehen die ersten Arbeiten, bevor man sich eine zweite Maschine anschaffen kann und will, jetzt nicht unbedingt aus dem Ausfräsen von flachen Kunststoffteilen oder dem 3d Fräsen von Laminierformen für Modellbauer, ist man mit einer Portalfräsmaschine in meinen Augen ziemlich eingeschränkt.
Mit einer auf die Metallbearbeitung ausgelegten Fräsmaschine, egal ob Hobby- oder gebrauchte Industriemaschine, ist man erst einmal sinnvoller und universeller aufgestellt.
Diese Maschinen (Selbst eine kleine Tischfräsmaschine für Modellbauer) sind deutlich steifer, haben eine stärkere Frässpindel, die meistens einen niedrigeren Drehzahlbereich bis etwa 2000…3000 Umdrehungen pro Minute abdecken (Können damit auch sinnvoll als präzise Bohrmaschine eingesetzt werden) und können leicht mit Glasmaßstäben und einer Digitalanzeige nachgerüstet werden (Anmerkung: Stand 2023 kommen bereits viele Hobbymaschinen mit Glasmaßstäben und einer entsprechenden Anzeige vormontiert), was ein sehr sicheres und präzises Positionieren erlaubt.
Weiterhin erlaubt eine Fräsmaschine für die Metallbearbeitung den Einsatz von Ausdrehwerkzeugen bzw. Ausdrehköpfen um sehr runde Bohrungen mit enger Durchmessertoleranz herzustellen. Weiterhin können mit Sägeblättern Werkstücke geschlitzt und abgetrennt, mit T-Nutenfräsern entsprechende T-Nuten, mit Viertelstab- und Fasenfräsern Kanten angefast oder abgerundet werden. Verfügt die Maschine über eine Pinole und Linkslauf, kann man außerdem sehr effektiv Innengewinde herstellen.
Ein günstiger kombinierter Rundtisch- bzw. Teilapparat ermöglicht das Fräsen von Konturen mit konvexen oder konkaven Konturzügen, weiterhin die Herstellung von Werkstücken mit Schlüsselflächen, Sechskanten oder ähnlichem. Nicht zu vergessen sind natürlich radiale und axiale Lochkreise.
All das mit einem Minimaleinsatz von Zubehör - Einige wenige Spannpratzen, Spannschrauben und Nutensteine, ein vernünftiger Schraubstock und ggf. ein Rundtisch (Die Bohr- und Fräswerkzeuge natürlich nicht zu vergessen.) ermöglichen die Herstellung von sehr präzisen und komplexen Werkstücken in nahezu allen üblichen zerspanbaren Materialen.
Eine CNC Portalfräsmaschine ist eine exzellente Erweiterung für eine Werkstatt, wenn Kleinserien, komplexe Konturen oder 3D Fräsarbeiten anstehen. In meiner Werkstatt findet sie auch Verwendung zum Fräsen von Prototypen aus Blechen (sehr häufig: gehärteter Federbandstahl für Blattfedern und Abwicklungen für Biegeteile), wenn die Durchlaufzeit für externes Laserschneiden oder Drahterodieren zu lange ist. Außerdem hat sie den unfassbaren Vorteil alleine Arbeiten zu können - Wenn man mit der niedrigen Zerspanungsleistung und der reduzierten Genauigkeit der meisten Portalfräsmaschinen leben kann, kann die Maschinenlaufzeit sehr sinnvoll anderweitig genutzt werden, z.B. dass in der Zwischenzeit auf einer anderen Maschine an einem anderem Projekt gearbeitet, E-Mails beantwortet oder Angebote geschrieben werden.
Bei mir sind es häufig kombinierte Arbeiten - Ein Mix aus Konventioneller Bearbeitung auf der Dreh- oder Fräsmaschine und eine zusätzliche Bearbeitung auf der CNC Portalfräsmaschine. Auch das stellt eine relativ effiziente Art der Arbeit dar.
All das ersetzt meiner Meinung nach allerdings keine konventionelle Fräsmaschine - Alleine die Möglichkeit zu Bohren, Gewinde zu schneiden und mit einem Ausdrehkopf präzise runde Bohrungen Herzustellen ist unersetzlich, von der Möglichkeit schwer zerspanbare Werkstoffe mit größeren Fräsern zu bearbeiten ganz abgesehen.
Anfangs wird die Fräsmaschine auch sehr häufig eine Bohrmaschine ersetzen müssen, eine Aufgabe, die mit einer CNC Portalfräsmaschine sehr schwierig ist. Die Schnelllaufenden Spindeln erlauben nur sehr begrenzt den Einsatz von Spiralbohrern vom Rüstaufwand und der geringen Z-Höhe unter der Spindel an den meisten Portalfräsmaschinen ganz abgesehen.
Ich bin ganz und gar kein Gegner von CNC Fräsmaschinen, auch wenn sich das vieleicht so liest, aber eine konventionelle Fräsmaschine bietet zumindest am Anfang deutlich mehr Gegenwert und Einsatzmöglichkeiten.
Spricht man von Industriellen CNC Fräsmaschinen, die für die Metallbearbeitung ausgelegt sind, ändert sich die Situation natürlich komplett zugunsten der CNC Maschine. Komplexe Konturen, Bohrbearbeitung, Fräsen von sehr runden Bohrungen/Passungen, automatischer Werkzeugwechsel - All das sind klare Argumente, die für eine CNC Fräsmaschine im Prototypenbau und der Einzelteilfertigung sprechen.
All die, die Behaupten, eine CNC Maschine habe keinen Platz in diesem Bereich haben vermutlich nie selbst an solchen Maschinen gearbeitet oder solche Arbeiten ausgeführt.